Zum Hauptinhalt springen Zur Suche springen Zum Menü springen

Die Wegweiserin

Die Wegweiserin

Die Wechseljahre sind für eine Frau ähnlich einschneidend wie die Pubertät. Und obwohl klar ist, dass die Veränderungen kommen, ist kaum jemand auf sie vorbereitet. Symptome werden falsch gedeutet oder trotz Leidensdruck hingenommen. Wir haben mit Sophie Berking gesprochen: Sie ist Fachärztin für Allgemeinmedizin und ausgebildete Spezialistin für Menopause-Medizin. In ihrer Praxis in Hamburg und auch online bietet sie eine ganzheitliche Begleitung durch die Wechseljahre an.

Gibt es beschwerdefreie Wechseljahre?

Ja, das gibt es tatsächlich! Manche Frauen spüren kaum etwas von der hormonellen Umstellung in den Wechseljahren. Dennoch finden im Körper tiefgreifende Veränderungen statt – etwa ein Anstieg des LDL-Cholesterins, höherer Blutdruck und eine ungünstigere Körperzusammensetzung mit mehr Fett und weniger Muskelmasse. Das erhöht das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Die gute Nachricht: Mit einer gezielten Anpassung des Lebensstils – z. B. Krafttraining, gesündere Ernährung, Alkohol- und Rauchverzicht – lässt sich viel erreichen.

Auch beschwerdefreie Frauen sollten über diese Prozesse Bescheid wissen, um frühzeitig und bewusst gegenzusteuern.

Welche Beschwerden können durch Wechseljahre bedingt sein, werden aber bisher von den meisten Menschen überhaupt nicht damit in Verbindung gebracht?

Es gibt einige, aber besonders wichtig finde ich die psychischen Symptomen wie depressive Verstimmungen, Ängstlichkeit oder auch eine Verschlechterung bzw. Neu-Diagnose von ADHS.

Oft werden solche Beschwerden isoliert behandelt, ohne den Hormonhaushalt zu berücksichtigen. Dabei kann eine Hormontherapie in vielen Fällen eine spürbare Besserung bringen – und andere Therapien sinnvoll ergänzen.

Wann empfiehlst du einer Patientin eine Hormontherapie?

Das ist sehr individuell. Es geht immer um ein sorgfältiges Abwägen zwischen dem Leidensdruck bzw. den Beschwerden und den möglichen Risiken oder Nebenwirkungen einer Hormontherapie.

Wenn die Symptome stark ausgeprägt sind und keine medizinischen Gründe dagegensprechen, bespreche ich gemeinsam mit meinen Patientinnen, ob eine Hormonersatztherapie für sie sinnvoll und passend ist. Dabei ist mir wichtig, dass jede Frau gut informiert entscheiden kann – auf Grundlage ihrer persönlichen Situation und Bedürfnisse.

Wenn man anfängt, bioidentische Hormone zu nehmen, braucht man sie dann für immer? Oder kann man die Therapie irgendwann beenden oder pausieren?

Auch das ist sehr individuell. Solange der Nutzen überwiegt, kann die Therapie fortgeführt werden – Ziel ist immer, Beschwerden zu lindern und die Lebensqualität zu verbessern.

Eine Hormnonersatztherapie sollte mindestens einmal im Jahr ärztlich überprüft werden. Beim Absetzen – vor allem in der Postmenopause – ist es wichtig, Blutdruck und Cholesterin im Blick zu behalten, da das Herz-Kreislauf-Risiko kurzfristig steigen kann.

Idealerweise erfolgt das Absetzen unter ärztlicher Begleitung, am besten schrittweise.

Hat eine Hormontherapie auch Nebenwirkungen? Was wäre eine Alternative zu bioidentischen Hormonen? 

Wie bei jeder medizinischen Therapie kann es auch bei einer Hormonbehandlung zu Nebenwirkungen kommen. Bioidentische Hormone werden meist gut vertragen, da sie den körpereigenen Hormonen entsprechen. In den ersten Wochen kann es vorübergehend zu Beschwerden wie Zwischenblutungen, Blähungen, Wassereinlagerungen oder Stimmungsschwankungen kommen – diese klingen in der Regel von selbst ab. Das Brustkrebsrisiko bei körperidentischer HRT gilt laut aktueller Datenlage als sehr gering – in den meisten Fällen überwiegen die Vorteile.

Wer keine Hormone nehmen möchte, kann auf pflanzliche Alternativen wie Phytoöstrogene zurückgreifen. Sie wirken milder, allerdings fehlen hier große Studien. Auch nicht-hormonelle Medikamente zum Besispiel gegen Hitzewallungen sind verfügbar – sie helfen allerdings meist nur gegen einzelne Symptome.

Kommt man eigentlich auch ohne bioidentische Hormone gesund durchs Alter?

Ja, ein gesundes Altern ist auch ohne Hormone möglich.

Nicht alle Frauen sind für eine Hormonersatztherapie geeignet – oder möchten sie. Umso wichtiger sind Ernährung, Bewegung und Muskelaufbau zur Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und Osteoporose.

Ein Sonderfall ist das urogenitale Menopausensyndrom: Viele Frauen entwickeln in der Postmenopause Beschwerden wie Scheidentrockenheit, Juckreiz oder Harnwegsinfekte. Hier kann eine lokale Östrogenbehandlung sehr effektiv und meist auch sicher sein – selbst bei Frauen mit früherer Brustkrebserkrankung.

Leider wird nach solchen Beschwerden oft nicht aktiv gefragt, und viele Frauen akzeptieren sie stillschweigend als unvermeidbaren Teil des Älterwerdens. Mir ist es wichtig, dass wir hier mehr Aufklärung leisten – denn Lebensqualität ist in jedem Alter möglich.

Wie schnell kannst du Frauen, die sich bei dir melden, erfahrungsgemäß helfen?

In den meisten Fällen spüren Frauen spätestens nach drei Monaten eine deutliche Verbesserung. Einzelne Symptome, Hitzewallungen zum Beispiel, klingen oft schon nach wenigen Tagen bis Wochen bei einer Behandlung ab.

Etwas komplexer kann es bei Frauen sein, die noch einen aktiven Zyklus haben. Durch die natürlichen Hormonschwankungen kann es hier zu schwankenden oder besonders intensiven Beschwerden während der Wechseljahre kommen. In solchen Fällen braucht es oft etwas mehr Geduld: Wir probieren unterschiedliche Therapieansätze aus und passen die Behandlung im Verlauf individuell an, bis wir eine gute Balance finden.

Gibt es Veränderungen in den Wechseljahren, die sich weder medizinisch noch durch den Lebenswandel beeinflussen lassen und die man einfach akzeptieren muss?

Ehrlich gesagt: Mir fällt da nichts ein!

Mit gezielten Lebensstilmaßnahmen und gegebenenfalls medizinischer Unterstützung lassen sich fast alle Veränderungen positiv beeinflussen – auch wenn wir das Älterwerden an sich natürlich nicht aufhalten können.

Aber: Wir sind den Wechseljahren nicht hilflos ausgeliefert. Im Gegenteil – diese Lebensphase bietet eine echte Chance, auf den eigenen Körper zu hören und die eigene Gesundheit bewusst in den Mittelpunkt zu stellen. So können wir gestärkt, selbstbestimmt und möglichst gesund älter zu werden.

Mehr zu Sophie Berking und ihrer Praxis finden Sie hier: https://menomedikum.de/